GUIDO M. KLEMISCH
Aufsätze
Blockflöten
Kernspaltflöte
um 1500
DIE BLOCKFLÖTE ODER SCHNABELFLÖTE
FLUSTE
A SIX TOUS (MERSENNE)
EINHANDFLÖTE
Anhang1
Anhang2
Anmerkungen
Jean-Juste
Henry
ANDERE PRESSEMITTEILUNGEN
Musikstudium in Deutschland weiterhin attraktiv
Blockflöten
MATERIALSAMMLUNG zum Artikel "Blockflöte"
einschließlich erweitertem Text des Artikels in
Rampe/Sackmann
J.S.Bachs Orchestermusik, Entstehung, Klangwelt und Interpretation,
Kassel, 2000
Leipziger Flötenbauer
1. Andreas Bauer (Bauermann)
a1678-1717
2. Johann Gottfried Bauer (Bauermann)
a1719-1721
3. Gottfried Ebicht, Stückwerker bei Eichentopf oder Poerschmann
?-1736
4. Johann Heinrich Eichentopf
a1710-1749
E. hat für Bach wohl die Oboe da caccia entwickelt.
5. Johann Heinrich Heinze
-1733-
6. Joh. Heinrich Heywitz
c1723
7. Michael Leichamschneider
1739-1748
8. Christian Noack
?-1724
9. Heinrich Pfeifer (Pfeiffer)
a1680-1719
10. Poerschmann
a1708-p1766
11. Johann Cornelius Sattler
1718-p1745
12. Christoph Stephan Scheinhardt (1)
a1697-1720
13. Gottlieb (2) Scheinhardt
a1701-1742
14. Christian Gottlieb Wolff (Gottlob)
2. Viertel 18. Jh.
15. David Wolff
?-1747
Dresden
1. August Grenser (geb. in Leipzig 1720-1807)
Roding
. Johann Wolfgang Kenigsperger (1724-a1753/57)
Termini der Bachzeit: Laut Walther (1708 & 1732),
Majer (1741 mit Grifftabellen), Eisel (1738 mit Grifftabellen), Mattheson,
(1713) Speer (1697 ), Denner (1720)
Flauto, gemeine oder Quartflöte, Flute à bec,
Flute douce, modeste Floete, Flöte, Flothe Taille, Alt=Flöte,
Fleute Douce, Quart-Fleute, Tenor-Fleute, Fleuten Bass, Discant-, Alt-,
Tenor-, Bass-Flothe, Alt-Flaude, Alt-Flaute, Bass-Flaude
Termini bei Bach: Fiauto Piccolo, Flauto, Flaute, Flauti,
Flaut:, Fiauto, Fiaut., Fiauti, Flutti, Fiauti d'Echo, Fiauti à
bec, Flöten à bec
Kurzbeschreibung: Kernspaltflöte, Entwurf (Teilung, Grifflochlage,
Labium etc.) "proportional durchgestaltet" (Heyde, 1986, S.60)
unter Zugrundelegung "Goldener Reihen" (z.B. Fibonaccische
Reihe: 1 2 3 5 8 13 21 34 55 89 144 ...) . Grundtöne f'', c'',
f', c' f (Sonderformen: b'', d'', d'). Stark umgekehrt konische Bohrung,
wohl zuerst von den Nürnberger Flötenmachern Johann Christoph
Denner (1655, Leipzig - 1707, Nürnberg) und Johann Schell (1660-1732)
in Deutschland gebaut. ("französische[n] Musicalische[n] Instrumenta",
im Meisterrechtsgesuch vom 10. Nov. 1696 an den Rat der Stadt Nürnberg)[Nickel,
1971, S.204]
Material: Buchsbaum sowie andere einheimische Hölzer
(wie Ahorn und Pflaume), Elfenbein und Tropenholz (wie Ebenholz) mit
Elfenbein- oder Beinringen. Z. T. reiche Schnitzereien (Gahn, Denner,
Oberlender), Schildpattummantelung (Heitz). Beschläge (Kopf und
Fuß) aus Silber (Engelbert Terton, 1675-1752, Amsterdam). Klappen
(Tenor - und Bassflöten) aus Messing oder Silber.
Instrumentenmacher der Bachzeit in Mitteldeutschland:
Erhalten sind Blockflöten von Johann Heinrich Eichentopf (1678-1769),
Andreas Bauer/Bauerman (vor 1678 - 1717), Johann Cornelius E. Sattler
(1718/24-nach 1739), Johann Pörschmann (1680-1757), Leipzig.
August Grenser (1720-1807), Leipzig/Dresden:1
Jakob Friedrich Grundmann (1727-1800), Leipzig/Dresden ab 1753
Johann Christoph Denner (1655-1707),
Johann Schell (1660-1732), [Johann] Jacob Denner (1681-1735), Johann
David (1691) Johann Wilhelm (I) Oberlender (1681-1763), Johann Benedikt
Gahn (1674-1711), Nikolaus Staub (1664-1734), Johann Georg Zick (1678-1733),
Nürnberg, Johann Heitz (ca.1672-1737), Berlin.
Johann Wolfgang Kenigsperger (1724-ca.1753/57), Roding.
Instrumentenmacher der Bachzeit, die annehmlicherweise auch Blockflöten
gebaut haben:
In Leipzig: Gotttfried Ebicht (ca. 1681-1736), Stückwerker bei
Eichentopf oder Pörschmann (keine Instrumente nachweisbar), Johann
Heinrich Heinze,
(-1733-), Christoph Stephan (I) Scheinhardt (ca 1697-1720), Gottlieb
(II) Scheinhardt (ca1701-1742), Christian Noack (ca. 1681-1736), Joh.
Heinrich Heywitz, (ca.1723), Christian Noack, (?-1724), Heinrich Pfeifer
(Pfeiffer), (ca 1680-1719).
In Nürnberg Christoph Zick (1686-1706), keine Instrumente nachweisbar,
Wendelin Meisenbach (1684-1761), keine Instrumente nachweisbar.
Keine Blockflöten nachweisbar, da inzwischen wohl
außer Gebrauch:
Leipzig: Johann Gottfried Bauer (Bauermann) (ca. 1719-1721), Johann
Caspar Grahl (ca. 1703-1781), Christian Gottlieb Wolff (Gottlob) (2.
Viertel 18. Jh.), David Wolff (ca.1705-1747), Johann Christoph Haupt
(ca. 1718-1771), Johann Paul Otto (1706-1763), Johann Romanus Pörschmann
(1709-?)
Nürnberg: Johann Wilhelm (II) Oberlender (1712-1779), Wendelin
Oberlender, Sohn Joh. Wilhelm (I) (1714-1751), Johann Friedrich Meisenbach
(1726-1754), Sohn von Wendelin Meisenbach, Johann Friedrich Engelhard
(ca.1730-1801),
Potsdam: Gottlieb Crone (1706-1766), Memmingen: Michael Leichamschneider,
(1739-1748),
Notierung in der Partitur: Ihrer hohen Lage entsprechend grundsätzlich
in den obersten Systemen der Akkolade und im französischen Violonschlüssel
(BWV 1057), im Unterschied zu Traversflöte und Oboe. In BWV 1047
[1721,
Widmung, entstanden wohl schon 1717] ("2. Brandenburgische Konzert")
rückt die Trompete entsprechend ihrem Status über den "Flauto",
in BWV 1049 [Widmung 1721] ist die Violine ebenfalls über den Flöten
aufgrund ihrer überragenden solistischen Funktion wegen notiert.
(Prinz, 1979, S. 113)
Tonumfang bei Bach: f' - a'''(BWV 18), in den Instrumentalwerken
f'-g'''.
Stimmtonhöhen und Klangeigenschaften: Generell sind Kammer- und
Chorton zu unterscheiden (a'= 390-412 Hz, bzw. 425-489 Hz). (Vgl. Mattheson,
Das Neu=eröffnete Orchestre", S. 74). Zahlreiche Blockflöten
vor allem in Deutschland, aber auch in Frankreich, im Chorton nachweisbar.
Darüberhinaus dokumentieren erhaltene Instrumente stark divergierende
Klangideale (sowohl geografisch als auch generationsmässig bedingt):
Instrumente englischer und französischer Provinienz weisen aufgrund
der Bauweise (weite Mensur, d.h. rel. Mensur 23 2) ein dunkles, "singendes'
Timbre auf. Stimmtonhöhen: a'= ca. 390 bis ca.407, ([Pierre Jaillard]
Bressan, 1683-1731, Charles Bizey, 1685-1752; bekanntlich stammt Pierre
Jaillard aus Bourg-en-Bresse (Frankreich) und läßt sich als
'Peter Bressan' in London nieder. Instrumente deutscher Zentren besitzen
einen helleren, beweglicheren, "trockenen" Klang aufgrund
einer engeren Mensur (rel. Mensur 22 2), Stimmtonhöhe bei a'= ca.
410 Hz: [Johann] Jacob Denner (1681-1735), Johann Benedikt Gahn (1674-1711),
Johann Heinrich Eichentopf. Barockblockflöten der älteren
Generation (vor 1700) neigen generell zu mehr Grundtönigkeit, dunklerem
Timbre und tieferem Stimmton, hierin der dreiteiligen Traversflöte
vergleichbar: Thomas Stanesby sen., (1668-1734) und Johann Christoph
Denner (1655-1707). (Nachweisbare Blockflöten von Johann Christoph
jedoch in a'= ca.410 Hz!!.)
Zwei hartnäckige Mißverständnisse sollten hier ausgeräumt
werden: 1. Auf allen BarockAltblockflöten einschließlich
weit mensurierter Instrumente wie solche von Thomas Stanesby sen. und
Charles Bizey, lassen sich die Töne e'''- gis''' (mit Ausnahme
von fis''') und weiter a''' (oft leicht zu tief) bis c'''' chromatisch,
meist noch d'''' problemlos (d.h. ohne Manipulationen am Schalloch)
erzeugen. 2. Weitmensurierte Barock-Blockflöten besitzen nicht
nur eine klangvolle tiefe Lage, sondern aufgrund der weiten Bohrung
in der Regel auch eine runde, warmklingende Höhe. Der Meinung,
"Instrumente sehr langer Bauart (enge, stark konische Bohrung)"
[Thalheimer, BJ 1966, S. 144] seien Voraussetzung zur Realisierung "diese[r]
ungewöhliche[n] Höhe" (Prinz, 1979, S. 116), kann daher
widersprochen werden.
Stimmtonhöhen bei Bach: In Leipzig Stimmtonhöhe in der Bach'schen
Periode bei a'= ca. 410/412 Hz. Sowohl Instrumente von Eichentopf als
auch solche von Nürnberger Meistern wie Denner und Oberländer
kämen demnach für Ausführung in Frage; in Weimar und
Köthen wohl im tiefen Kammerton (a' = ca. 400 Hz), in Mühlhausen
und Weimar Blockflöten z .T. transponierend behandelt (Ganzton
bis kl. Terz, aufgrund des dortigen Chor- bzw. Cornettons).
Klangcharakteristica und Verwendung, Köthen und Leipzig: Für
die Blockflöten-Partie BWV 1047 - Kammerton a'= ca. 400 Hz vorausgesetzt
- kommen in erster Linie Instrumente von Heitz in Frage, aufgrund der
vielfältigen Beziehungen nach Berlin aber auch ihrer außerordentlichen
Qualität wegen. Zahlreiche Blockflöten von Heitz, einschließlich
der ihm zugeschriebenen Traversflöte (Kirnberger & Krickeberg,
1987, S. 57) in a'= ca. 400 Hz. Ob seine Blockflöten klanglich
dem französischen Ideal entsprechen, läßt sich kaum
sagen, da sich aufgrund der wenigen Blockflöten französischer
Herkunft kein schlüssiger Nachweis führen läßt;
gewisse Übereinstimmungen (Bohrung und Stimmtonhöhe) mit Instrumenten
von Pierre Jaillard Bressan (1668-1734, Bourg-en-Bresse/London) und
Jean-Jaques Rippert (um 1700, Paris) allerdings auffällig und in
sofern abweichend von Blockflöten Nürnberger Instrumentenmacher.3
Wie oben ausgeführt, können namentlich die Konzertpartien
Bachs von weitmensurierten Blockflöten (Heitz) besonders befriedigend
bewältigt werden, der Flauto 1. zur Vermeidung von fis''' in BWV
1049 ggf. transponierend auf einer Flöte im Chorton.
Blockflötisten in Köthen und Leipzig unter Bach:
Blockflöte gehörte mit Sicherheit zu den Pflichtinstrumenten
der Stadtpfeifer, obwohl Bach die Blockflöte in seiner Testierung
von 1745 nicht erwähnt; (Schering, 1941, S. 152); inzwischen aus
der Mode?
"G.Hoppe gelang es, alle Musiker namentlich zu ermitteln und ihre
Mitwirkung in Bach's Ensemble exakt zu datieren" (Rampe & Zapf,
Concerto 1997/98, S. 32)). Violonist und Flötist Johann Heinrich
Freytag (?-1720) könnte demnach in BWV 1047 die Blockflöte
geblasen haben, Johann Ludwig Rose (1675-1759) den Oboenpart (er wird
als Solo-Oboist geführt); in den Kantaten sind Blockflöten
in den Oboenstimmen notiert, ein Hinweis, daß Blockflöten-Partien
normalerweise von Oboisten gespielt werden; in Frage kommen auch die
Stadtpfeifer Johann Gottlob Würdig (?-1728) und Adam Ludwig Weber
(?-1737), beide allerdings in Rang und Gehalt weit unter Freytag. Möglicherweise
sind die beiden Stadtpfeifer als "Spezialisten" anzusehen,
die nur z. T. Dienst am Hof taten. Blockflöte ist dann wahrscheinlich
nicht mehr in Gebrauch; In dem Lichte gesehen, könnte Würdig
sowohl in BWV 1047 (2. Brandenburgisches Konzert) als auch in BWV 1049
(4. Brandenburgisches Konzert) Blockflöte und Fiauto d'Echo mit
Weber dann als 2. Flötisten gespielt haben.
Das F-Dur Konzert (um 1738), für Cembalo und 2 Flauti, BWV 1057,
Umarbeitung
von BWV 1049, muß von Leipziger Kräften aufgeführt worden
sein. (Offenbar
Bachs letzte Blockflötenpartien, (Rampe, 1999). 1738 tun folgende
Stadtpfeifer Dienst (Anstellungsdaten in Klammern): Ullrich Heinrich
Ruhe (1734-1787), Johann Cornelius Gentzmer (1712-1752), Johann Caspar
Gleditsch (1719-1747), 1. Oboist und Flötist, sowie die Kunstgeiger
Heinrich Christian Beyer (1706-1748), Johann Friedrich Caroli (1730-1738)
und Johann Gottfried Kornagel (1719-1754). [Schering, 1941, S. 150].
Angesichts der offenkundigen Vielseitigkeit sowohl der Stadtpfeifer
wie auch der Kunstgeiger, (Schering, 1941, S. 152) wären alle Genannten
in der Lage gewesen, die Flauti in BWV 1057 zu blasen. Wir neigen jedoch
zu der Annahme, daß Bach die Cembalo-Fassung für eine der
zahlreichen Verpflichtungen seines Collegium musicum umgearbeitet hat.
Solisten mit Bach am Cembalo würden sich aus dem Studentenkolleg
rekrutieren. Die von Bach als Spieler 'verschiedener Instrumente' sowie
der traversiére lobend erwähnten Studenten Christoph Gottlieb
Wecker (kennengelernt 1724) und Friedrich Gottlieb Wild (kennengelernt
1724, Empfehlungschreiben 1727) [Powell, Early Music, 1995, S. 20) kommen
als Solisten wohl nicht in Frage, da sie vermutlich nicht mehr in Leipzig
sind. Auch Bach's drittältester Sohn Johann Gottfried Bernhard,
'der Windige' (1715-1739), Querflötist, lebt bis 1735 in Leipzig
und könnte zweifellos mit Jacob von Stähelin (1709-1785) -
beide spielen oft Duette zusammen - (Powel, EM 1995, S. 20), die Solo-Flauti
geblasen haben,wobei festzuhalten ist, dass Johann Gottfried Bernhard
nicht mehr in Leipzig weilte;
Literatur: Heyde (1986); Hoppe (1998); Klemisch (1989); Nikkel (1971);
Prinz (1979); Powell & Serocki (1995) Rampe & Zapf (1997/98);
Schering (1941) Steffens (1995); Waterhouse (1993); Young (1993)
Guido M. Klemisch
Die Kernspaltflöte um 1500
aus:
Heinrich Isaac und Paul Hofhaimer
im Umfeld von Kaiser Maximilian I.
Innsbrucker Beiträge zur Musikwissenschaft herausgegeben von Walter
Salmen
Band 16
Guido M. Klemisch
Die Kernspaltflöte um 1500
Zu den Kernspaltflöten rechnen wir alle Flöten mit Kernspalt,
Block und Labial. Zu den bekanntesten Vertretern gehören die folgenden:
1. Die sog. Blockflöte oder Schnabelflöte, Fluste ä 9
trous (Mersenne) mit der Grifflochanordnung 7:1. „Grundtonflöte"
2. Flageolet, Fluste à 6 trous (Mersenne), Fistula hexastoma
(A. Kircher) mit der Grifflochanordnung 4:2. „Grundtonflöte"
3. Einhandflöte, Schwegel oder Stamentien. Pfeif (Praetorius),
Fluste à 3 trous (Mersenne) mit der Grifflochanordnung 2:1. „Überblasflöte".1
(Anh. 1)
Alle 3 Typen sind um 1500 mehr oder weniger gleichberechtigt im Gebrauch.
Die Blockoder Schnabelflöte beginnt sich aber den anderen gegenüber
durchzusetzen, hauptsächlich des Ausbaus von Baß-Instrumenten
wegen.
Allen 3 Typen gemeinsam ist ein Baukonzept, das ich wie folgt umschreiben
möchte und welches m. E. die grundlegende Ästhetik bis ins
18. Jh. ist:
Die gesamte Bauweise bewerkstelligt, daß bei allen Tönen
die Grundschwingung des Instrumentes miterregt wird: Wesentlich kleinere
Grifflöcher im Verhältnis zum Bohrungsdurchmesser, gestopfte
Bohrung, aber auch invertiert konische Bohrung wie bei späteren
Renaissance- und Barockflöten.
Die Bezeichnungen für die Flöten werden folgenden Quellen
entnommen: Sebastian Virdung (Musica getutscht, 1511) Athanasius Kircher
(Musurgia universalis, 1650) Padre Marin Mersenne (Harmonie universelle,
1637) und Michael Praetorius (Syntagma Musicum, II, 1618)
Der Begriff „Kernspaltflöte" sowie die Bezeichnungen
„hoch-, mittel- und tiefständige Grifflochanlage" entstammen
dem Büchlein „Typen Europäischer Kernspaltflöten"
von H. Moeck. (Celle, 1969).
Im folgenden möchte ich die Typen im einzelnen behandeln:
DIE BLOCKFLÖTE ODER SCHNABELFLÖTE
Mersenne: Fluste ä neuf trous. Der Name 'Blockflöte' ist übrigens
neueren Datums. In den Quellen kommen folgende Benennungen vor:
Mhd. 'Floite'; in der Lit. ab 12. Jh, es läßt sich jedoch
nicht sagen, um welchen Flötentyp es sich handelt.
Flöte (Viidung, 1511)
Plockflöte (M. Praelorius, 1605)
Recorder (Engl., 14. Jh.)
Rüsteäneuftrous(Mersenne, 1636)(Arih.2)
Aufgrund ihrer Mensur spricht die Grundtonreihe problemlos an, daher
'Grundtonflöte'. Mit Hilfe des dorsalen, hochständigen Loches,
das die Funktion eines Überblasloches hat, erweitert sich die Tonskala
einschließlich sog. Quintgriffe auf 2 Oktaven und mehr. Möglicherweise
hat es auch gestopfte Flöten gegeben, wie sie ja im Orient überliefert
sind.1
Man darf vielleicht annehmen, daß die Bohrung der Blockflöten
bis ins 15. Jh. zylindrisch
ist Der Ausbau der Baßlage erfolgt im Laufe des 15. Jahrhunderts.
Gegen Ende des 15. Jhs.
tritt die Schnabelflöte oder Blockflöte in den Vordergrund
und zwar hauptsächlich - wie
schon erwähnt - aufgrund des Ausbaus von Blockflöten in der
Baßlage. Virdung beschreibt
eine Basset-Flöte in f heutiger Bezeichnung.
Lassen Sie mich nun anhand zweier Blockflöten aus dem ausgehenden
15. Jh. einige
Erläuterungen geben. Bei dem einen Instrument handelt es sich um
eine Tenorflöte von
Valiani, die sich in der Leipziger Sammlung befindet Nach dem paläographischen
Befund
ist der Stempel zwischen 1465 und 1490, spätestens um 1510 entstanden.
Somit dürfte die
Flöte während dieser Zeit oder etwas später gebaut worden
sein. Demnach liegt hier eine
recht gute Datierung vor.
Die Bohrung ist nicht insgesamt zylindrisch, sondern verjungt sich nach
dem 5. Griffloch um 0.15° bis zum Rohrende hin.5
Wie sich bei der Herstellung einer exakten Kopie abweichend von der
Angabe Heyde's ergab, ist die Stimmtonhöhe a = 410 Hz (nicht a
= 438 Hz); der Grundton b'. Demnach handelt es sich um eine Tenorflöte
in Quartstimmung (vgl. Appendix 2).
Im Übrigen sei auf die detaillierte Beschreibung im Flötenkatalog
von H. Heyde verwiesen.1
Ein anderes Instrument, welches ein vergleichbares Bohrungskonzept aufweist,
ist eine Altflöte in g' in der Wiener Sammlung. Im Unterschied
zur Flöte von Valiani hat sie nach dem 6. Griffloch eine starke
Erweiterung zum Rohrende hin. Rechnet man die Altflöte mit liniärem
Faktor auf eine Tenorflöte um, so erhält man einen sehr ahnlichen
Bohrungsverlauf wie bei der Valiani-Flöte, mit Ausnahme des erweiterten
Bechers,
Es liegt daher nahe, für dieses Instrument die gleiche Entstehungszeit
anzunehmen. Eine weitere Datierungshilfe ist die Tatsache, daß
die Altflöte eindeutig mit Ganassi-Griffweise zu spielen ist.*
Lassen Sie mich zum Schluß noch einige Bemerkungen zum musikalischen
Charakter der Flöten machen.
Daß es sich zunächst um ein Hirteninstrument gehandelt habe,
wird durch frühe Zeugnisse in der Literatur nicht belegt Dieses
Attribut bekam die Flöte wohl erst später. Im Mittelalter
sieht man die Flöte oft in Kombination mit Trommel und Posaune.
Oft kommt auch die Zusammenstellung Flöte-Posaune vor. Die Flöte
finden wir häufig bei repräsentativen Ereignissen (Feste,
Empfänge, Umzüge, Turniere). Auch in der Zeit um 1500 scheint
die Blockflöte durchaus nicht eine 'Flûte douce' gewesen
zu sein. Die Vorliebe für das hohe Register des jeweiligen Instrumentes,
der enorme Tonumfang (Ganassi) sowie der brillante, kraftige Klang scheinen
mir, dies zu belegen.
FLUSTE A SIX TROUS (MERSENNE)
Fistula hexastoma (A. Kircher) bzw. Flageolet
Sowohl Mersenne als auch Kircher unterscheiden 2 Arten:
a. Eine Kernspaltflöte mit 6 frontalen, hochständigen Grifflöchern.
Wolfgang Köhler bemerkt richtigerweise 6, daß die 'Fluste
à 6 trous' im Gegensatz zum Flageolet - der frontalen Grifflochanordnung
wegen - größer gewesen sein muß, als das Flageolet.
Anstelle des Daumenloches übernimmt das oberste Griffloch die Überblasfunktion.
Aus dem Mittelalter sind solche Flöten (bzw. 'Arigot') - aus Tierknochen
hergestellt,-nachweisbar.7
b. Das Flageolet, bei Kircher ebenfalls 'fistula hexastoma' genannt,8
ist eine Grundtonflöte mit nur 4 frontalen und 2 dorsalen Grifflöchern.
Der Grund für diese Grifflochanlage ist die kurze Tubuslänge.
Im Laufe des 16. Jhs. wird das Instrument auch zum Konsort oder 'jeu'
ausgebaut: d'", g", c"(Mersenne).
Aufgrund der weiten Mensur ist das Flageolet ebenfalls eine Grundtonflöte
und erreicht mit Hilfe des Überblasloches 2 Oktaven.
Die Stimmtonhöhe läßt sich für das Mittelalter
nicht festlegen; sicher ist, daß es sich um 4- u. 2-Fußinstrumente
gehandelt haben muß. Ob es das Flageolet mit der Grifflochanordnung
(4 + 2) schon im Mittelalter gegeben hat, ist nicht sicher. Der Name
taucht in der französischen Literatur des 12. + 13. Jhs. auf und
in der Verkleinerungsform erstmals im 13. Jh. bei Moniot de Paris mit
einer Aufzählung von Hirteninstrumente.9
Thoinot Arbeau, 1588, Langre, berichtet von einem 'arigot', welches
von Soldaten anstelle der sonst üblichen Querpfeife zur Trommel
gespielt würde: „.. ont 4 troux devant + 2 derrier ..'"°
Die Grifflochanordnung entspricht der bei Mersenne. Selbstverständlich
könnte diese Flöte nicht mit einer Hand zur Trommel gespielt
werden.
Ein solches Instrument befindet sich übrigens im Museum der Stadt
Lokeren und wurde 1608 von der Gilde des hl. Sebastian Erzherzog Albert
und seiner Gemahlin zum Geschenk gemacht. Nach Mahillon ist es aus dem
Oberschenkelknochen eines Schafes gemacht, „mit 15,4 cm Länge
und der Grifflochanordnung eines Flageolet ergäbe es eine diatonische
E-Dur-Skala von e" bis dis'"." Wie schon Meierott richtig
anmerkt, muß es sich bei der Länge der Flöte um eine
Tonskala von e'" bis dis"" handeln.10
EINHANDFLÖTE
Schwegel oder Stamentien. Pfeif, (Fluste à 3 trous, Tabor Pipe)
ist eine Kernspaltflöte mit enger Mensur und 3 tiefständigen
Grifflöchern, 2 davon frontal und l dorsal.
Diese Grifflochanordnung kennzeichnet Flöten, die wegen ihrer engen
Mensur erst die Töne des zweiten Partialtones einsetzen. Der wenigen
Grifflöcher wegen können sie einhändig gespielt werden.
Literarische und bildliche Zeugnisse zeigen das Instrument seit dem
13. Jh. immer zusammen mit einem Schlaginstrument, in der Regel einer
kleinen Trommel."
Wir sind in der glücklichen Lage zahlreiche Einhand-Flöten
aus Knochen seit dem frühen Mittelalter, seit dem 14. Jh. auch
aus Buchsbaum zu besitzen. Zwei davon wurden in den
Niederlanden gefunden und zwar in Aardenberg (2. Hälfte 14. Jh.)
und Goedereede (datiert ca. 1450). Sie sind ausführlich beschrieben
von S. Olivier: 'De Tonputten van Sommeldijk en Goedereede' und Joan
Rimmer: 'Tabor Pipes from Aardenburg and Goedereede'.
Der Einhandflöte Tameriin' genannt, begegnen wir im 4. Wagen des
Triumphzuges von Kaiser Maximilian (2. Jhzt, 16. Jh.).
Da die Blas* u. Grifftechnik von Grundtonflöten abweichen, will
ich hier etwas näher darauf eingehen:12
„Die ersten 4 Grundtöne werden nicht gebraucht {Mersenne
gibt in seiner Grifftabelle diese Töne aber trotzdem an). Der Umfang
von l 1/2 Otaven oder mehr wird ausschließlich durch Überblasen
erreicht. Die ersten 4 bzw. 5 (einschließlich möglicher chromatischen)
kommen vom 2. Partialton, die nächsten 3 vom 3. Partialton, die
nächsten 4 vom 4., usw".
ANHANG 1
Schematische Zusammenfassung und Quellen (16. und 17.
Jahrhundert)
Oberbegriff: Kemspaltflöte (um 1500)
Bezeichnungen
1. Blockflöte oder Schnabelflöte Mersenne:
fluste à neuf trous
2. Flageolets
Mersenne: fluste à six trous
3. Einhandflöte (Schwegel) oder Praetorius:
Stamentien. Pfeif Mersenne: fluste à trois trous
4. Kernspaltflöten mit unterschiedlicher
Grifflochanzahl
Russpfeiff
Virdung: kl. Flöte mit 4 Löchern zahlreiche
Knochenflöten
5. Doppelflöten
6. Gemshom
zu 1. (Schnabelflöte): 8 frontale hochständige Grifflöcher,
l hochständiges dorsales (Daumen)loch. Das unterste (Kleinfinger)loch
ist doppelt anwesend, zwecks links- bzw. rechtshändigem Greifen).
Daher fluste à 9 trous. Grundtonflöte, d. h. 'weite Mensur':
Durchmesser, hochstftndige Grifflochanordnung (d. h. Grifflochteil 2/3
bis t/2 der Gesamtlänge der Flöte), zylindrische oder schwach
konische Bohrung, keine Baßgrößen bis auf Basset, gestopft
oder ungestört (gestopft: am Ende des Rohres stark verengt; vgl.
R. Weber, Dordrecht Flöte in G. S. J.).
zu 2. (Flageolet): 4 frontale Grifflöcher; 2 dorsale (l hochständiges,
l tiefständiges D.-Loch);
Grundtonflöte, d.h. weite Mensur und hochständige Grifflochanordnung;
zylindrische oder
schwach konische Bohrung; mehrere Größen im Vierfußregister.
(Die beiden höchsten
Flöten im Consort bei Praetorius sind Übrigens Flageolets).
zu 3. (Einhandflöte): Obertonflöte: 2. 3.4. 5. Oberton, daher
kann mit nur 3 Grifflöchern die diatonische Skala hervorgebracht
werden; enge Mensur: tiefständige Grifflochreihe; Vierfüßregister;
zylindrische Bohrung; ähnelt stark dem provenc. 'Galoubet'.
zu 4. (Russpfeiff): Flageolet (vgl. Stradner 'Spielpraxis und Instrumentarium
um 1500') mit 4 frontalen, 2 dorsalen Grifflöchern.
zu 5. (Doppelflöte, vgl. D. Munrow): Ein hölzernes Exemplar,
das in der Christ Church in Oxford ausgegraben wurde, hat 5 Löcher
einschließlich eines Daumenloches an jeder Pfeife. Der tiefste
Ton der rechten Pfeife ist 'c2', der der linken 'g2'. Diese Anordnung
erlaubt das Spielen von einfachen zweistimmigen Melodien.
zu 6. (Gemshorn, vgl. Virdung): 3 frontale Grifflöcher, l dorsales
Griffloch. Vgl. ein von Curt Sachs entdecktes Gemshorn aus Ziegenhorn.
ANHANG 2
Virdung nennt 3 Größen: Diskant, Tenor und Bassus. Wie auch
M. Praetorius schreibt, werden die 2. und 3. Stimme durch das Tenorinstrument
gespielt.
Allerdings nennt Agricola 4 Größen, nämlich Diskantus,
Altus, Tenor, Bassus. Ist es ein Lapsus, daß Alt- und Tenorflöte
in seiner Abbildung nur minimal in Größe verschieden sind?
(Die abgebildete Altflöte kann im Vgl. zur Tenorflöte unmöglich
eine Quint verschieden sein). Aus der Grifftabelle ergibt sich jedoch
deutlich, daß es sich um zwei gleiche Instrumente handelt. (Druckfehler
im Original!: Tabelle Tenor/Altus ist de facto die Tabelle für den
Diskantus und umgekehrt).
Praetorius nennt folgende Größen: 1. Gar klein Rötlein:
c'"
1. (Exilent) klein Flötlein: g"
2. Discant Flöt: d", ein Quart niedriger (als Exilent)
3. Discant: c", ein Quint niedriger als die I.Art oder Discant: b",
ein Quart höher als die 4. Art
4. Alt Flöt: g', ein Oktav niedriger als die 1. Art Alt Flöt:
f, ein Quart höher als die 5. Art
5. Tenor Rot: c', ein Quintet niedriger als die 4. Art Tenor Rot: b',
ein Quart höher als die 6. Art
6. Basset: f, noch ein Quintet niedriger, welche unten ein Schloß
oder Fontanelle haben.
7. Bass: B, ein Quint niedriger als die 6. Art Bass: C, ein Quart höher
als die 8. Art
8. Groß Baßflöt: F, ein Oktav niedriger als von der 6.
Art oder Sorte.
Er vermerkt übrigens, daß nur 3 aufeinander folgende Arten
zusammenspielen, wobei der Altus durch die Tenorflöte gespielt wird.
Baß ist doppelt, Basset, Tenor und Alt vierfach besetzt.
Anmerkungen
1) relative Mensur ca. 21: bei einer Altblockflöte: Länge 400mm/Durchmesser
19mm = 21. Bei einer Einhandflöte: relative Mensur ca. 16.
2) G. Stradner: „Spielpraxis und Instrumentarium um 1500",
Wien 1983.
3) vgl. Heyde: „Flöten", Leipzig, 1973.
4) Ganassi: „Fontegara", 1535.
5) nach M. van Schaik: „Musiekinstrumenten en Instrumentenkombinaties
in de duitse Literatuur uit de Middeleeuwen, 800-1350", Utrecht,
1983.
6) Wolfgang Köhler: „Die Blasinstrumente aus der 'Harmonie
Universelle'", Celle 1987.
7) Brade: „Die Mittelalterlichen Kernspaltflöten", Neumünster
1975.
8) Grifflochlage ist näher beschrieben und abgebildet; auf der Abbildung
ist nicht eindeutig Lage und Anzahl der Löcher zu klären; möglicherweise
hat die Flöte 5 frontale und l hochständiges, dorsales Loch.
9) Meierott: „Die Kleinen Flötentypen", Tutzing 1974.
10) zit. nach Meierott.
11) JoanRimmer: 'TaborPipes from Aardenburg and Goedereede'.
12) ich zitiere J. Rimmer.
Jean-Juste
Henry † (27.1.1910-27.10.2005)
Am 27.10.2005 verstarb der französische Musiker
und Blockflötist Jean Henry im Alter von 95 Jahren. Seiner unermüdlichen
Tätigkeit bis ins hohe Alter verdankt die Blockflöte in Frankreich
zu einem erheblichen Teil ihr heutiges Ansehen. Kein namhafter französischer
Blockflötist unserer Tage, der nicht die Musikkurse des Royaume
de Musique, dessen Leiter Henry bis 1995 (!) war, durchlaufen hätte.
Generationen von Schülern haben an den Grundschulen von Sartrou-ville
(Paris) durch seinen hingebungsvollen Unterricht bleibenden Kontakt
mit Musik erhalten.
Von 1936 bis 1973 war Jean Henry -ausgebildeter
Geiger - als Musiklehrer an Grund- und Hauptschulen in Sartrouville
tätig. Traumatische Kriegserlebnisse müssen wohl Einfluss
auf seine Entscheidung gehabt haben, die Violine für immer im Kasten
zu verschließen. Ein letztes Mal spielte er 1948 anlässlich
des Todes seiner Mutter. Statt dessen widmete er sich mit großer
Hingabe der Musikerziehung und der Förderung von Musikernachwuchs.
In dieser Zeit leitete er ein Städtisches Schulorchester, einen
Schulchor und Spielgruppen - eine Musikschule existierte nicht - und
gab neben der Schule Geigen- und später auch Flötenunterricht.
Für seine Geisteshaltung typisch war, dass er diesen Unterricht
kostenlos erteilte.
1948/49 kam Jean Henry mit Madame Zurfluh und
dem von ihr gegründeten Royaxme de la Musique - ursprünglich
eine Gesellschaft für Begabtenförderung - in Kontakt und führte
später die Musikkurse ein, deren Organisation er übernahm.
Sie fanden ein- bis zweimal im Jahr statt und zwar jedes Mal an einem
anderen Ort. Auch Norditalien wurde mit einbezogen und, nachdem Edgar
Hunt mitarbeitete, ebenfalls England. Unterrichtet wurden alle Instrumente,
Musiktheorie und Solfege. Es gab einen Chor, ein Streichorchester, verschiedenste
Kammermusikgruppen einschließlich Blockflöten-Ensembles.
Seit den 1970-er Jahren kamen mehr und mehr Barockinstrumente dazu:
Traversflöte, Oboe, Violine, Cello, Fagott, Gambe, Cembalo: unterrichtet
wurde von den Gebrüdern Hantai, Hugo Reyne, Seba-stien Marc, Marc
Minkoff, Chris Farr u.a. Inzwischen fanden die Kurse ausschließlich
in Arras (Nordfrankreich) statt. Unvergessen bleiben viele Konzerte
mit Alter Musik, die z. T. im Stadttheater von Arras zur Aufführung
kamen.
Anfang der 1950-er Jahre kam er mit der
Blockflöte in Berührung. Er besuchte Veranstaltungen der damaligen
Volksmusikschule Neukülln (heute Musikschule Neukölln) in
Berlin. Dort gab es unter anderem den Blockflötencbor Neukölln,
Hat er hier erkannt, welche Rolle die Blockflöte bei der praxisgerichteten
Einführung von Kindern in die Musik spielen konnte? Er schaffte
preiswerte Blockflöten von Peter Har-lan an, ohne Doppellöcher
und mit deutscher Griffweise. Als er einige Zeit darauf eine Dolmetsch-Blockflöte
mit Doppellöchern und englischer Griffweise entdeckte, nahm er
Kontakt mit Carl Dolmetsch auf und war bis 1961 regelmäßig
als Lehrer bei Kursen der Society of Recorder Players in Roehampton
(GB) zu finden.
Außerdem sammelte er: Instrumente, darunter
eine Traversflöte von Thomas Lot, Gemälde, Möbel und
andere Kunstgegenstände. Wie er mir einmal sagte, sah er die -
von ihm erworbenen Originalinstrumente (Flöten, Streichinstrumente)
nicht als sein privates Eigentum an, sondern als Eigentum der Gesellschaft
oder besser: als Eigentum der Menschheit. Folgerichtig stiftete er seine
Sammlung noch zu Lebzeiten dem Hor-niman-Museum in Oxford (GB).
Seine Sammlerleidenschaft brachte ihn Mitte
der 1950-er Jahre mit einer der bedeutendsten Mäzeninnen der Alten
Musik in Frankreich zusammen: Madifcne de Chambure. Sie hatte eine umfangreiche
Sammlung alter Instrumente (Streichinstrumente, Blasinstrumente, Cembali)
und auch Partituren zusammengetragen. Jean Henry konnte für sie
noch manches wertvolle Stück aufspüren. Hauptzweck war jedoch
nicht bloßes Konservieren der Instrumente, sondern das Erlernen
und Spielen. Er trommelte Schüler und Musikerfreunde zusammen,
um die Originalinstrumente sowie Partituren kennenzulernen und zum Erklingen
zu bringen. Es wurden Konzerte gegeben und Radio-Aufnahmen gemacht.
Wir haben mit Jean Henry eine große Persönlichkeit
verloren, und vielen wird er in lebendiger Erinnerung bleiben.
Pressemitteilung
Musikstudium in Deutschland weiterhin attraktiv
Musikinformationszentrum veröffentlicht Daten zu Studierenden und Absolventen in Studiengängen für Musikberufe
Die Zahl der Studierenden in Studiengängen für Musikberufe an deutschen Hochschulen ist im Wintersemester 2011/12 erneut gestiegen. Nach aktuellen Berechnungen des Deutschen Musikinformationszentrums, einer Einrichtung des Deutschen Musikrats, waren für den Fachbereich Musik insgesamt rund 30.600 Studentinnen und Studenten eingeschrieben, über die Hälfte davon an einer der 24 staatlichen Musikhochschulen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen leichten Zuwachs um 2 Prozent. Die Zahl der Erstsemester erreichte mit rund 5.500 Studierenden ihren Höchststand in den letzten 10 Jahren.
Die Studierenden verteilten sich knapp zur Hälfte auf die künstlerischen und zu einem Drittel auf die künstlerisch-pädagogischen Studiengänge, jeder Vierte war im Studiengang Musikwissenschaft immatrikuliert. Mit rund 8.800 Studierenden stand die künstlerische Ausbildung im Bereich Instrumentalmusik/Orchestermusik an erster Stelle der Belegungen. Den größten Zuwachs konnten die Studiengänge Jazz und Popularmusik verzeichnen, deren Studierendenzahlen sich in den letzten 10 Jahren insgesamt mehr als verdoppelt haben. Das Lehramt an allgemein bildenden Schulen bewegte sich dagegen weiterhin auf stagnierendem Niveau, im 10-Jahres-Vergleich fiel es sogar um 15 Prozent hinter den Wert von 2001 zurück. Auch die Musikwissenschaft verzeichnete im gleichen Zeitraum ein Minus von 17 Prozent.
Der Frauenanteil blieb mit 56 Prozent im Vergleich zum Vorjahr fast unverändert, ebenso wie der Anteil der ausländischen Studierenden, der im bundesweiten Durchschnitt bei einem Viertel, in einzelnen Studiengängen (Instrumental-/Orchestermusik, Komposition) sogar bei über der Hälfte der Studierenden lag.
Mit rund 5.700 Absolventen haben im Jahr 2011 mehr Studierende ihr Studium erfolgreich beendet als in den letzten 10 Jahren zuvor. Allein über 2.100 Orchester- bzw. Instrumentalmusiker verließen die Hochschulen, gefolgt von rund 1.200 angehenden Lehrkräften an allgemein bildenden Schulen, die im Vergleich mit anderen Studienrichtungen in den letzten 10 Jahren allerdings nur ein leichtes Plus von 3 Prozent verzeichnen konnten. In anderen Bereichen lagen die Zuwachsraten weitaus höher: So hat sich in den Fächern Jazz und Popularmusik, aber auch in der Musikwissenschaft die Anzahl der Absolventen in der letzten Dekade mehr als verdreifacht bzw. verdoppelt. Hingegen drangen überdurchschnittlich wenig Instrumental- und Vokalpädagogen sowie Tonmeister auf den Berufsmarkt.
Die Berechnungen des MIZ basieren auf Angaben des Statistischen Bundesamts, das in seiner jährlichen Studierendenstatistik die Meldungen von Musikhochschulen und Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Kirchenmusikhochschulen und Fachhochschulen zusammenführt. Berücksichtigt hat das MIZ im Vergleich zu früheren Darstellungen neben dem 1. Studienfach erstmals auch Studierende mit Musik als 2. und 3. Studienfach.
Die Statistiken können unter http://www.miz.org/statistiken/bildung-ausbildung-s1502#4 abgerufen werden.
Über das MIZ:
Unter dem Dach des Deutschen Musikrats erfasst und dokumentiert das Deutsche Musikinformationszentrum (MIZ) Strukturen und Entwicklungen der Musikkultur. Das Spektrum reicht dabei von der musikalischen Bildung und Ausbildung über das Laienmusizieren, die Musikförderung und die professionelle Musikausübung bis zu den Medien und der Musikwirtschaft. Gefördert wird das MIZ durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags, durch die Kulturstiftung der Länder, die Stadt Bonn sowie von privater Seite durch die GEMA und die GVL.
Pressekontakt:
Margot Wallscheid, Projektleitung Deutsches Musikinformationszentrum
Stephan Schulmeistrat, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Deutscher Musikrat gGmbH * Weberstr. 59 * 53113 Bonn
Tel.: 0228 / 2091-180 * Fax 0228 / 2091-280 * Mail: info@miz.org * www.miz.org
Geschäftsführer: Norbert Pietrangeli, Dr. Benedikt Holtbernd
Vorsitzender des Aufsichtsrates: Prof. Martin Maria Krüger
Sitz der Gesellschaft: Bonn
Amtsgericht Bonn
HRB 12672